Ein gemütlicher Fernsehabend, die Familie auf dem Sofa, die Katze in ihrer Kuschelhöhle am Kratzbaum. Alles scheint wunderbar, doch dann wird die Mieze wach. Sie ist noch schlaftrunken, reckt und streckt sich und kommt dann zum Sofa. Doch nicht zum Kuscheln oder Spielen – nein. Ihr einziges Ziel ist es, ihre Krallen in die Sofapolster oder am Tischbein zu wetzen. Und das, obwohl sie doch einen super Kratzbaum besitzt, der einzig für sie und ihre Bedürfnisse angeschafft wurde und den sie auch gerade erst verlassen hat. Hässliche Zugfäden oder sonstige Kratzspuren an den Möbeln, Türen und eben am gesamten Inventar sind eigentlich allen Katzenbesitzern leider nur allzu bekannt.
Ein weiteres Fallbeispiel: Herrchen und Frauchen feiern Hochzeitstag – und natürlich hat die Ehefrau die obligatorischen Blumen geschenkt bekommen. Nun sitzt das Paar am trauten Esstisch und genießt ein romantisches Dinner mit Wein und Kerzen. Der Blumenstrauß hat aber nicht nur die Gattin erfreut, sondern auch das Interesse des Stubentigers geweckt. Das riecht gut – nach Natur und Freiheit; außerdem hat der Luftzug des gekippten Fensters doch so spannend am Schleierkraut gewackelt. Statt sich verliebt in die Augen zu sehen, müssen Herrchen und Frauchen zusehen, wie ein Attentat der Krallen die Vase kippen, das Wasser über den Tisch schwappen und die Blumen auf den Boden fallen lässt. Die romantische Stimmung ist passé – stattdessen wird nun geputzt und sich geärgert.
Und noch eine altbekannte Situation: Vertieft in ein Buch sitzt Frauchen auf dem Sofa und krault dabei versonnen ihre Katze. Diese lässt sich das auch gefallen, döst schnurrend vor sich hin und wieder einmal könnte die Welt nicht friedlicher oder schöner sein. Doch dann erwischt eine Fingerspitze der kraulenden Hand genau den Körperteil der Katze, an dem sie auf gar keinen Fall gestreichelt werden will. Die kaum vermeidbare Konsequenz: Das Tier faucht kurz, bohrt ihre Krallen in die Hand des Frauchens und sucht schnellstens das Weite, nicht ohne deutlich blutende Spuren hinterlassen zu haben. Voller Schmerz und Schrecken weiß man in einer solchen Situation zunächst gar nicht, wie man reagieren soll – doch darf man eine Katze nun bestrafen?
Eine Strafe nach menschlichem Verständnis
Wollen wir unsere Kinder bestrafen, sind Prügelstrafe, Einsperren (Hausarrest) und Anschreien heute nicht mehr in der Liste der Möglichkeiten, da man mittlerweile weiß, dass Schläge, Geschrei und andere Bestrafungen für Kinderseelen äußerst bedenklich sind. Gewalt erzeugt wiederum Gewalt, was viele verurteilte Straftäter belegen, die in ihrer Kindheit Übles mitmachen mussten. Heute erklärt man die Konsequenzen des Fehlverhaltens und hat ganz andere Möglichkeiten gefunden, ein falsches Verhalten eines Kindes in den Griff zu bekommen.
Bei Tieren sieht das anders aus. Der Weg über Erklärungen funktioniert leider nicht, da die Katze – wenn überhaupt – nur wenige Worte versteht und diese auch gar nicht umsetzen kann. Sie bringt das gesprochene Wort nur in minimalem Maße mit dem gerade Geschehenen in Verbindung und weiß eigentlich gar nicht, was der Wortschwall von Herrchen oder Frauchen gerade sollen. Sie erkennt am Tonfall, ob ihre Menschen gut gelaunt oder zornig sind, kann Gesten deuten, aber versteht nicht, dass das Sofa 2000 Euro gekostet hat und deswegen bitte nicht kaputt gemacht werden darf.
Heute Gott sei Dank nicht mehr toleriert werden alle Formen von Schlägen, sei es nun mit der Hand oder Faust, mit Stöcken oder mit einer gefalteten Zeitung. Der Mensch muss sich seiner Übermacht an Kraft bewusst sein und sich klar machen, dass nicht nur körperliche Verletzungen, sondern auch nachhaltige seelische Schäden beim Tier die unvermeidbare Konsequenz sind.
Andere (ungeeignete?!) Maßnahmen zur Bestrafung einer Katze
Was gilt eigentlich als Strafe? Geht man hier wieder einmal nach dem menschlichen Empfinden, so reicht diese Palette von körperlicher Züchtigung über Liebesentzug, bis hin zu „Haftstrafen“, dem Verweigern von Nahrung oder Trinken – und allerlei mehr Grausamkeiten. Über körperliche Züchtigung sei hier nicht weiter gesprochen; sie kommt gegenüber Tieren nicht in Frage.
Ein Liebesentzug, wie zum Beispiel die Frau, die Stunden oder Tage nicht mit ihrem Mann spricht und seine Zärtlichkeit ablehnt, hat auf eine Katze durchaus Wirkung. Die alles entscheidende Frage ist allerdings, in wie weit sie das mit dem zerkratzten Sofa in Verbindung bringt. Man kann vielmehr davon ausgehen, dass sie durch Schweigen und Entzug der Kuscheleinheiten verunsichert ist und das Vertrauensverhältnis zwischen Mensch und Tier nachhaltig gestört wird.
Früher war es Gang und Gäbe, die Kinder zur Strafe irgendwo einzusperren – notfalls im Kartoffelkeller, um dort einmal über die vollbrachten Schandtaten nachzudenken. Neben vollgeschriebenen Blockseiten nach Art von „Ich darf nicht….“ war dies eine beliebte Sanktion für schulisches Versagen, für freche Antworten, für jeden denkbaren Fehler, den ein Kind nur machen kann. Heute gibt es vielleicht noch stille Treppen, um den Effekt des Nachdenkens und Sich-Beruhigens zu erzielen – „eingesperrt“ wird in der Kindererziehung höchstens noch auf hohem Niveau in Form von Hausarrest nach der Schule und Ausgehverbot am Wochenende. Da das Kind die notwendigen Erklärungen verstehen kann, hinterlässt eine solche Maßnahme viel mehr Eindruck, als bei einem Haustier. Die Katze oder der Hund bringen auch bei sofortiger Umsetzung das Wegsperren nicht mit dem Fehlverhalten in Zusammenhang. Die Folge: Die „Untaten“ geschehen wieder und wieder, das Verhältnis zu Menschen wird beeinträchtigt, das Verhalten kann in der Konsequenz auf Frust und Wut, aber auch seelische Leiden umschlagen.
Der Einfallsreichtum vieler Haustierbesitzer war und ist groß. So wurden/ werden für Katzen verbotene Bereiche gerne mit Pfeffer präpariert, da der Geruch und die Folgen (Brennen in Augen und Nase) das Tier abhalten soll. In wie weit das wirklich Erfolg hat, bleibt abzuwarten – die Aktion ist auf jeden Fall für den feinen Geruchssinn der Tiere eine absolute Strafe, verbunden mit schmerzen. Gleiches gilt für das Eintauchen der Nase in Urin oder Kot. Liegt ein Handtuch auf dem Boden, kann das schon mal einladend wirken, sein Geschäft darauf zu verrichten. Ähnlich wie im Katzenklo kann man hier schön verscharren und das findet Katze nun einmal toll.
Ein Wort noch zum Entzug von Futter, Leckerlis und Wasser. Es ist normal, dass Katzen sich manchmal aufführen, als hätten sie seit Wochen nichts zu fressen bekommen. Das gewöhnt man ihnen aber nicht ab, indem man ihnen gar nichts in den Napf füllt. Vielmehr steigert sich das Gefühl, an übermäßigem Hunger zu leiden und man verstärkt das Geschrei sowie das Hinabschlingen des Essens, bevor es wieder weggenommen wird oder vielleicht sogar gar nichts gibt. Diese vermeintliche Erziehungsmaßnahme geht also definitiv nach hinten los.
Flüssigkeitsmangel ist gefährlich für Katzen und darf nicht vorkommen. Ob es ein Leckerli gibt oder nicht, ist der Katze meist vollkommen egal – sie nimmt mit, was sie bekommt und lebt auch ohne Leckerbissen zwischendurch ganz gut. Die Androhung, „Heute bekommst du aber kein Leckerli!“ ist also vollkommen sinnlos.
Liegt der Fehler wirklich beim Tier?
Um verstehen zu können, was eine Bestrafung bei der Katze auslöst, muss man sich in das Tier hineinversetzen können, um zu begreifen, was von der Sanktion bei ihr ankommt. Das können zwei Möglichkeiten sein: Ein negatives Erlebnis prallt auf die Samtpfote ein – ein Schmerz, ein Gestank, ein schlechtes Gefühl. Die andere Alternative ist das Ende eines positiven Erlebnisses: Das Streicheln stoppt, das Futter wird weggenommen, der Freigang bleibt aus. Beides macht durchaus Eindruck auf unsere Fellnasen – doch nicht im erwünschten Umfang. Erfolgt eine Strafe nicht in der Sekunde des Fehlverhaltens, kann die Katze die Strafe und ihre Tat nicht miteinander in Zusammenhang bringen. Außerdem ist es kaum möglich, jedes Mal, beispielsweise wenn das Tier gerade am Sofa kratzt, anwesend zu sein. So hat sie 9 Mal keinen Erfolg, einmal kann sie aber unbeobachtet ihrem Wunsch nachgehen, was gleichbedeutend mit einem Erfolg ist. Also waren die 9 bestraften Aktionen überflüssig.
Haustiere zu besitzen, bedeutet Verantwortung. Das heißt zunächst einmal, sich auch über die eventuellen Folgen für eine Wohnung im Klaren zu sein. Unsauberkeit ist, außer bei alten, kranken Tieren, meist eine Folge von menschlichem Versagen:
- Ist das Klo der Katze unsauber und liegt Wäsche herum, bestraft man die Katze unter Umständen für eigene Fehler. Sie mag nicht gerne in stinkender Katzenstreu graben und sieht das Handtuch auf dem Badezimmerboden instinktiv als willkommene Alternative. Diese braucht sie aber nicht, wenn die Katzentoilette gut riecht und einfach keine Wäsche frei zugänglich am Boden herumliegt.
- Ebenso ist es natürliches und instinktives Verhalten, wenn ein geschlechtsreifer Kater markiert. Lässt man ihn kastrieren, endet das Verhalten automatisch.
- Das Drama um das Futterritual lässt merklich nach, wenn das Futter vom Tier unbeobachtet in den Napf gefüllt wird. Wird die Küchentür geöffnet, wenn der Napf schon voll ist, geht die Katze ohne Geschrei zum täglichen Mahl. Die Pflicht des Menschen ist es natürlich, einen möglichst festen Zeitpunkt zu finden, damit regelmäßige Mahlzeiten auf dem Plan stehen – nicht einmal morgens, einmal abends.
- Auch in Bezug auf Topfpflanzen, Frischblumen und Wohnungseinrichtung muss sich der Mensch auf die Katze einstellen – nicht umgekehrt. Das schließt Fehlverhalten der Katze aus und reduziert naturgemäß die Notwendigkeit von Strafen.
Durch Ablenkung unterbrechen, statt zu bestrafen
Erwischt man die Katze bei einer Missetat, hilft kein Geschrei der Welt, um das Verhalten für die Zukunft auszuschließen. Vielmehr muss man sie ablenken, um ihre Aufmerksamkeit auf andere Dinge zu lenken. Mit Glück reagiert das Tier auf ihren Namen oder ein Codewort („Nein!“) mit dem Stoppen zum Beispiel des Kratzens am Sofa. Dazu muss die Katze selbstverständlich ihren Namen kennen und auch den energischen, nicht aber zu lauten Tonfall ihrer Menschen bemerken. Reagiert sie nicht, hilft es, zum Beispiel ein Spielzeug, einen Kugelschreiber oder ein Päckchen Papiertaschentücher hörbar zu schmeißen – nicht AUF das Tier, sondern in eine andere Ecke, sodass das Tier vom Geräusch abgelenkt ist und dieses erst einmal ergründen möchte.
Für besonders hartnäckige Vierbeiner kann man sich in der Apotheke eine 5 ml Spritze kaufen. Ohne Nadel und gefüllt mit einfachem Wasser kann man mit 1 oder 2 ml Wasser wahre Wunder erzielen, die dem Tier nicht schaden, wenn man nicht direkt auf Augen oder Nase zielt. Auch beim unerwünschten Überqueren des Esstisches reicht es meist nach einmaligem Nasswerden schon, wenn die Spritze gut sichtbar auf demselben liegt oder Herrchen diese „drohend“ in der Hand hält. Der Lerneffekt: Hier bin ich nass geworden, hier halte ich mich fern, ist quasi garantiert.
Bild von Dimitri Houtteman auf Pixabay